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Gartenhaus
Baugenehmigung, Grenzabstand & Co.
So ein Gartenhaus ist schon etwas wirklich schönes, vor allem aber multifunktionelles: man kann dort ein zweites Wohnzimmer einrichten, Partys feiern, von dessen Veranda genüsslich den anbrechenden Sommerabend genießen - oder es schlicht zum Unterstellen von Gartenmöbeln und Gartengeräten benutzen. Gartenhäuser gibt es in jeder Ausführung, Größe und für jeden Geschmack. Bevor man sich für einen bestimmten Haustyp entscheidet, sollte man aber immer zwei Fragen klären: Wird eine Baugenehmigung benötigt und muss ein Grenzabstand zum Nachbarn eingehalten werden?
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Baugenehmigung?
Ob eine Baugenehmigung notwendig ist, wollen wir speziell für ein Gartenhaus klären. Dabei handelt es sich um ein Gebäude zur vorübergehenden Nutzung, dass keine Wohnraumqualität erreichen darf. Vor allem dürfen deshalb weder Küche noch Badezimmer eingebaut sein. Ist das Gebäude fest mit einem Betonfundament verbunden, liegt bauordnungsrechtlich ebenfalls kein Gartenhaus mehr vor. In allen diesen Fällen bedarf es einer Baugenehmigung; in der Regel ebenfalls dann, wenn das Gebäude nicht nur als bloßer Abstellraum dienen soll. Anders formuliert: handelt es sich um einen bloßen Geräteschuppen, ist eine Baugenehmigung in aller Regel nicht nötig, solange die Grenzen der Raumvolumina und der Höhenmaße eingehalten werden.
Mit diesem Vorverständnis entscheiden die Landesbauordnungen über eine eventuelle Baugenehmigungspflicht. Anforderungen und Grenzen dazu fallen länderspezifisch unterschiedlich aus. Der „kleinste gemeinsame Nenner“ lässt sich der Musterbauordnung (MBO) entnehmen, die Vorbild der landesrechtlichen Vorschriften ist. Unabhängig von der zulässigen Größe ist zusätzlich zu den bereits genannten einschränkenden Kriterien zur Annahme eines Gartenhauses zu hinterfragen, ob weitere einschränkende Voraussetzungen für eine Genehmigungsfreiheit beachtet werden müssen, so zum Beispiel
- nur einstöckige Bauweise,
- kein Aufenthaltsraum für Menschen,
- keine Toilette / keine sanitären Anlagen,
- keine Feuerstätte / Kochstellen (so z. B. § 62 Abs. 8 Nr. 1 a BauO NW),
- kein Strom,
- keine Heizung. Keine Feuerstätte,
- keine Schlafgelegenheit
Ebenso ist eine Nutzung als Werkstatt, Stahl oder Garagen nicht zulässig.
Landesspezifisch geregelte Voraussetzungen zur Genehmigungsfreiheit können also hinzutreten. Betrachten wir dies am Beispiel der Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen:
Niedersachsen:
Genehmigungsfreiheit für Gebäude und Vorbauten ohne Aufenthaltsräume, Toiletten und Feuerstätten, wenn die Gebäude und Vorbauten nicht mehr als 40 m³ - im Außenbereich nicht mehr als 20 m³ -Brutto-Rauminhalt haben und weder Verkaufs- noch Ausstellungszwecken noch dem Abstellen von Kraftfahrzeugen dienen (Anhang 1.1 zu § 60 Absatz 1 LBaoO).
Nordrhein-Westfalen:
Genehmigungsfreiheit für Gebäude bis zu 75 m³ Brutto-Rauminhalt ohne Aufenthaltsräume, Ställe, Toiletten oder Feuerstätten (§ 62 Abs. 8 Nr. 1 a BauO NW), im Außenbereich nur, wenn sie einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb (§ 35 Absatz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) und weder Verkaufs- noch Ausstellungszwecken dienen (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 a LBauO); Bei Genehmigungsfreiheit auch keine Bauanzeige nötig.
Nochmals: Wegen der ländereigenen Spezifika sollten Einzelheiten immer mit der kommunalen Bauordnungsbehörde abgestimmt werden, bevor ein Gartenhaus angeschafft wird. Denn eine fehlende notwendige Baugenehmigung kann Bußgelder nach sich ziehen, oder sogar einen Rückbau auf das zulässige genehmigungsfähige Maß und schlimmstenfalls sogar eine Abrissverfügung. Diese einschneidenste letzte Alternative wird immer dann praktisch, wenn der genehmigunglos errichtete Bau nicht genehmigungsfähig ist.Liegt dagegen Genehmigungsfähigkeit vor, so kann die Baugenehmigung nachträglich erwirkt werden, allerdings wieder mit einer zusätzlichen „Strafgebühr“.
Bebauungsplan
Örtlich geltende Bebauungspläne können strenger ausfallen als die genannten allgemeinen Regeln. Da sie von Gemeinden erlassen werden, sind entsprechende Nachfragen dort zu stellen. Unbedingt sollten existierende Bebauungspläne auch eingesehen werden. Denn sie können für Nebenanlagen - dazu zählt auch ein Gartenhaus - besondere Anforderungen über die landeseigene Bauordnung hinaus enthalten, so zum Beispiel zu maximal Maßen, Aufstellorte oder anderen Kriterien wie Rauminhalte oder Höhen. Konkret: aus dem Bebauungsplan geht hervor, ob, wo und wenn ja wie man ein Gartenhaus bauen darf. Gibt es kein Bebauungsplan, bleibt es bei den Vorschriften der Landesbauordnungen.
Grenzabstand
Zunächst einschlägig ist wieder das landeseigene Bauordnungsrecht (LBauO). Auf die länderübergreifende Übersicht zu den Einzelheiten unter www.bauordnungen.de haben wir bereits hingewiesen. Beginnen wir wieder mit „dem kleinsten gemeinsamen Nenner“, der Musterbauordnung (hier insbesondere § 6 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 MBO). Danach darf das Gartenhaus direkt an der Grenze errichtet werden, wenn- es keine Aufenthaltsräume oder Feuerstätten zeigt,
- die mittlere Wandhöhe maximal 3 m beträgt, und
- die Gesamtlänge je Grundstücksgrenze maximal 9 m nicht überschreitet.
Andernfalls ist ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten. Kann dieses Abstandsmaß nicht eingehalten werden, muss ein Bauantrag gestellt und die Zustimmung der Betroffenen Nachbarn eingeholt werden.
Soweit erkennbar, gelten die vorgestellten Voraussetzungen der MBO ohne weitere Einschränkungen in Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt und in Schleswig-Holstein. In anderen Bundesländern können die Regelungen zum Abstandsgebot abweichen. Hier wieder beispielhaft die Regelungen für Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen:
Niedersachsen:
kein Grenzabstand, wenn nach einem Bebauungsplan bis an die Grenze bebaut werden darf oder muss bis zu einer maximalen Höhe von 3,50 m (§ 5 Abs. 8 S 1 Nr. 2 LBauO) kein Grenzabstand oder ein auf 1 m von der Grenze verringerter Abstand für Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten bis zu einer Höhe von 3 m (§ 5 Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 LBauO) und einer Wandlänge von bis zu 9 m je Grundstücksgrenze; insgesamt dürfen auf dem Baugrundstück Grenzwände (mehrerer Gebäude) nur maximal eine Länge von 15 m aufweisen (§ 5 Abs. 8 Satz 3 LBauO).
Nordrhein-Westfalen:
Grenzwand darf keine Öffnungen haben; Keine Abstandsfläche für Gebäude ohne Aufenthaltsräume bis zu 30 m³ Brutto-Rauminhalt mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m, auch wenn sie über einen Zugang zu einem anderen Gebäude verfügen (§ 6 Abs. 8 Nr. 1 LBauO).
Übersicht zu den Regelungen der einzelnen Landesbauordnungen (Baugenehmigung und Grenzabstand)
- Größe des bebauten Ortsteils - Genehmigungspflicht
- Befreiung vom Grenzabstand
- Relevanter Teil der LBauO
- > 40 m³ Brutto-Rauminhalt
- Wandfläche maximal 25 m²; Ausnahmegewächshäuser (mindestens 1 m Grenzabstand)
- §§ 6, 50 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang 1 S. 1 Nr. 1,
- > 75 m³
- Mittlere Wandhöhe bis zu 3 m, maximal 56 m³ brutto-Rauminhalt, Gesamtlänge der Außenwände je Grundstücksgrenze 5 m
- Art. 6, 57 Abs. 1 Nr. 1
- > 10 m³
- Dachneigung von weniger als 45°
- §§ 6, 62
- > 75 m³
- Gesamtlänge der Außenwände an den Grundstücksgrenzen maximal 15 m, je Grundstücksgrenze maximal 9 m; Belichtung von Aufenthaltsräumen wird nicht beeinträchtigt
- §§ 6,61 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 10 m³
- Dachneigung bis zu 45°; Höhenansatz der Giebelflächen nur zu einem Drittel; Geräte- Gartenhäuser bis 12 m² Bruttogrundfläche
- §§ 6, 61 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 30 m³
- Mittlere Wandhöhe nicht über 3 m,; Gesamtlänge je Grundstücksgrenze maximal 9 m
- § 6 Abs. 7 Nr. 1, Anlage 2 Nr. 1.1 zu § 60
- > 30 m³
- Untergeordnete Gebäude für Abstellzwecke
- §§ 6 Abs. 10 Nr. 3, 62 Abs. 1 S. 1, 63 Anhang
- > 10 m³
- Mittlere Wandhöhe bis zu 3 m, Gesamtlänge der Außenwände je Grundstücksgrenze 9 m
- §§ 6 Abs. 8 Nr. 1, 61 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 40 m³
- siehe oben
- siehe oben
- > 75 m³
- Grenzland ohne Öffnungen; Gesamtlänge der Außenwände an den Grundstücksgrenzen maximal 15 m
- §§ 6 Abs. 8 Nr. 1, § 62 Abs. 8 Nr. 1 a
- > 50 m³
- Mittlere Wandhöhe maximal 3,20 m, maximale Länge an einer Grundstücksgrenze 12 m; Dachneigung maximal 45°, Giebelhöhe an der Grenze maximal 4 m über Geländeoberfläche
- § 8 abs. 9 S. 1, 62 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 10 m³
- Bis maximal 30 m³und 12 m Gesamtlänge je Grundstücksgrenze
- §§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 61 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 75 m³
- Mittlere Wandhöhe maximal 3 m, Länge pro Grundstücksgrenze maximal 9 m
- §§ 6 Abs. 8, 61 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 10 m²
- Mittlere Wandhöhe maximal 3 m, Länge pro Grundstücksgrenze maximal 9 m
- §§ 6 Abs. 9 Nr. 1, 60 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 30 m³
- Mittlere Wandhöhe maximal 3 m, Länge pro Grundstücksgrenze maximal 9 m
- §§ 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1, 61 Abs. 1 Nr. 1 a)
- > 10 m³
- Mittlere Wandhöhe maximal 3 m, Länge pro Grundstücksgrenze maximal 9 m, maximale Dachneigung bis zu 45°
- §§ 6 Abs. 7 Nr. 1, 63 Abs. 1 Nr. 1 a)
Bitte beachten Sie: In den bauplanerischen Außenbereichen gelten abweichende Bestimmungen! Allgemein gilt: Werden diese baulichen Maße überschritten, ist ein Grenzabstand ausgelöst, der je nach landeseigener Bauordnung variieren kann. Soll das Gartenhaus als Aufenthaltsraum dienen oder / und beheizt werden, ist ein Abstand von mindestens 3 m zur Grundstücksgrenze einzuhalten.
Ergänzende zivilrechtliche Vorschriften
Zivilrechtlich ist auf einen daneben veranlassten notwendig einzuhaltenden Grenzabstand hinzuweisen. Er kann sich aus dem sogenannten „Fenster- und Lichtrecht“ ergeben (z. B. für NRW: § 4 Abs. 2 S: 1 NRG NW; für Niedersachsen: §§ 23 Abs. 2, 25 NRG Nds). In Nordrhein-Westfalen greift dieser Grenzabstand ein, wenn das Gartenhaus gegenüber einem Fenster eines Nachbargebäudes später errichtet wird. Er beträgt 2 m, es sei denn, dadurch wird der Lichteinfall für den Nachbarn nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt. Abgesehen davon darf der ansonsten veranlasste Grenzabstand nur mit schriftlicher Einwilligung des Nachbarn unterschritten werden (§ 4 Abs. 4 NRG MW). In Niedersachsen gilt dann ein Grenzabstand von 2,50 m. Der Ausschluss- und Beseitigungsanspruch bei unterschrittenem Grenzabstand ist zeitlich limitiert. Regelungen zum Fenster- und Lichtrecht gibt es auch in anderen Bundesländern. Schon deshalb ist die rechtzeitige Abstimmung mit dem Nachbarn veranlasst, erst recht natürlich aus Gründen eines anzustrebenden immer guten „Nachbarschaftsklimas“.
Hintere Bauflucht
Auch ein Gartenhaus zählt zur baulichen Anlage. Deshalb sind geltende Baufluchten, auch Baulinien genannt, zu beachten. Auch sie können sich aus Bebauungsplänen oder sonstigen kommunalen örtlichen Festsetzungen ergeben (zur Einhaltung der hinteren Baugrenzen durch einen Wintergarten außerhalb der Regelung eines Bebauungsplans: VG Hamburg, Urteil vom 23.11.2023 - 6 K 2971/21, juris; VG Hamburg, Urteil vom 4.6.2024 - 12 K 3917/20, juris).
Grundflächenzahl
Die Grundflächenzahl gibt das Verhältnis der insgesamten Grundstücksfläche zur überbaubaren Fläche an. Gartenhäuser zählen mit bei der Berechnung der Grundflächenzahl. Das bedeutet, dass ein Gartenhaus schon deshalb unzulässig sein kann, wenn das bereits gebaute Haus die Grundflächenzahl ausschöpft. Um sich Gewissheit zu verschaffen, sollte die kommunale Bauaufsichtsbehörde angesprochen werden, um die Grundflächenzahl und um den Grad ihrer bisherigen Ausnutzung zu erfahren.
Abstimmung mit dem Nachbarn
Zu empfehlen ist in jedem Fall die vorherige Abstimmung mit dem Nachbarn. Denn Gartenhäuser können Nachbarn beeinträchtigen; zumal dann, wenn sie nahe an der Grundstücksgrenze vielleicht sogar noch mit zusätzlicher Terrassenüberdachung errichtet werden. Stimmt man sich vorher ab, können eventuelle nachbarliche Bedenken von Anfang an mit in der eigenen Planung berücksichtigt und auf diese Weise mit einem Kompromiss Streit vermieden werden. Denn zu bedenken ist, dass eventuelle ausgelöste Abstandsregelungen auch nachbarschützenden Charakter haben, auf die der Nachbar folglich auch pochen kann. Über eventuell notwendige, aber fehlende Baugenehmigungen (Schwarzbau) muss man erst recht nicht „stolpern“, wenn ein verärgerter Nachbar dem zuständigen Bauordnungsamt eine entsprechende Anzeige zukommen lässt. Folgende Punkte zeigen sich in der Praxis besonders häufig bei einschlägigen nachbarrechtlichen Streitigkeiten:
- Der Standort des Gartenhauses nimmt dem Nachbarn die Möglichkeit, sein Hammerschlag- und Leiter recht bezüglich einer eigenen an die Grenze gebauten Garage in Anspruch zu nehmen, um die Grenzwand instandzuhalten oder instand zu setzen.
- Zwischen der Rückwand des Gartenhauses und einem anderen grenzständig erbauten Gebäude bleibt ein Spalt, in dem ungehindert Laub, Tiere, Feuchtigkeit und andere Witterungseinflüsse eindringen und festsetzen können. Damit gepaart wird gerne der Vorwurf, dass mangels ausreichender Luftzirkulation in den genannten Bereichen die grenzständige Wand des Nachbarn nicht ausreichend abtrocknen kann und deshalb Feuchtigkeitsschäden vorprogrammiert sind.
- Der Nachbar behauptet, man lagert in dem Gartenhaus zum Beispiel Brennholz, Reifen oder andere brennbare Gegenstände und Flüssigkeiten. All dies muss aber mit ausreichendem Abstand zum Eigentum bzw. zum Grundstück des Nachbarn gelagert werden (§ 31 NRG NRW - Grenzabstand 0,5 m).
An diesen Punkten sollte man unbedingt den Standort des eigenen Gartenhauses hinterfragen. Denn wie heißt das in der einschlägigen „Zahnpasta-Reklame“ so schön: „Vorbeugen ist besser als bohren“.
Abschließender Prüfungskatalog:
- Ist mein geplantes Gartenhaus genehmigungsfrei?
- Wird mein Gartenhaus höher als 3 m und länger als 9 m pro Grundstücksgrenze?
- Soll mein Gartenhaus einen Aufenthaltsraum oder eine Feuerstätte erhalten
- Ist abgeklärt, ob es Sonderregeln gibt, die zusätzlich beachtet werden müssen? Ist der Nachbar informiert worden?
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen






