Haus- und Grundbesitzerverein
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Mietende: Räumung

„Beschleunigungsmöglichkeiten“ bei Kündigungen und Klagen

Häufig unbekannt: Sowohl in der Wohnungs- als auch in der Gewerberaummiete kann bereits auf zukünftige Räumung geklagt werden, auch wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet ist.


Wohnungsmiete

Notwendige Voraussetzung in der Wohnungsmiete ist gemäß §§ 257, 259 ZPO unter anderem, dass „die gerechtfertigte Besorgnis“ des Gläubigers besteht, „dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung (hier der Räumung der Mietsache, Anm. d. Verf.) entziehen werde“ (so der Wortlaut von § 259 ZPO). 

Beispiel

Vermieter V kündigt seinem Mieter M die Wohnung. Er will von M die Bestätigung, dass er der Kündigung Folge leistet und rechtzeitig auszieht. M schweigt und antwortet nicht. V begründet damit seine Besorgnis auf einen nicht rechtzeitigen Auszug und klagt sofort auf Räumung. Jetzt zieh M aus; die Streitparteien erklären die Hauptsache damit für erledigt. Das Gericht hat deshalb nicht mehr in der Sache, sondern nur noch über die Kosten zu entscheiden.

Im Rahmen einer Zuweisung der Verfahrenskosten nach Erledigung der Hauptsache klärt das Gericht als Vorfrage, wie zu entscheiden gewesen wäre, wäre eine Sachentscheidung noch notwendig gewesen. Vermieter V hätte dann seine Räumungsklage verloren. Denn das AG Friedberg beurteilt seine Klage bereits als unzulässig (AG Friedberg/Hessen, Beschluss vom 26.7.2024 - 2 C 400/24, ZMR 2025, 30). Die Voraussetzungen einer Verurteilung auf künftige Räumung hätten nicht vorgelegen. Eine solche Verurteilung kommen nur bei der gerechtfertigten Besorgnis einer nicht rechtzeitigen Leistung in Betracht (ebenso: BGH, Urteil vom 12.3.2008 - VIII ZR 71/07, BeckRS 2008, 599; Beck OK ZPO/Bacher, § 259 ZPO Rn. 5). 

Gerechtfertigte Besorgnis

Bei der eingeklagten Räumung von Wohnraum sei eine solche Besorgnis dann gerechtfertigt, wenn der Mieter zwar mitteilt, dass er auf Wohnungssuche sei, aber noch keinen Ersatzwohnraum gefunden habe (ebenso BGH, Beschluss vom 25.10.2022 - VIII ZB 58/21, juris). Ein bloßes Schweigen des Mieters nach der Aufforderung des Vermieters, die Absicht eines rechtzeitigen Auszugs zu bestätigen, reiche allerdings nicht. Eine unterlassene Antwort sei deshalb nicht klagebegründend (BGH, Beschluss vom 28.6.2023 - XII ZB 537/22, BeckRS 2023, 19520, Rn. 21; Musielak/Voit/Foerste, Kommentar zur ZPO, 21. Auflage 2024, § 259 ZPO Rn. 5). Weitere Anhaltspunkte, er werde nicht rechtzeitig ausziehen, habe der Mieter auch nicht geliefert (vgl. zu diesen Möglichkeiten: BGH, Beschluss vom 28.6.2023 - XII ZB 537/22, BeckRS 2023, 19520).

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Gewerbemiete als Pendant

In der Gewerbemiete kann ebenso schon dann auf künftige Räumung geklagt werden, wenn das Mietverhältnis noch gar nicht beendet ist. Dies geht, wenn das Vertragsende und damit der Räumungstermin feststehen (§ 257 ZPO). Im Unterschied zur Wohnungsmiete muss eine „gerechtfertigte Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung“ nicht hinzukommen.

Beispiel

Der Gewerbemieter erhält eine Kündigung, die nach Ablauf der Kündigungsfrist das Ende des Mietverhältnisses bestimmt. In diesem Falle kann der Vermieter bereits auf künftige Räumung klagen. Damit der Mieter nicht ohne weiteres mit solchen Klagen überzogen wird, beinhaltet das Gesetz ein Korrektiv; gibt der Mieter zu der Klage keinen Anlass durch ein entsprechendes Vorverhalten, so kann er den gerichtlich geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruch des Vermieters sofort anerkennen und beantragen, dass dem Vermieter die Kosten des Verfahrens auferlegt werden (§ 93 ZPO). Das bedeutet: Hier geht es im Unterschied zur Wohnungsmiete nicht um die Zulässigkeit der Klage, sondern um ihre Kostenfolgen.

Der BGH hatte die Frage zu klären, ob und unter welchen Umständen der Mieter Anlass zu einer solchen Klage auf künftige Räumung gibt und dann die Gebühren und Kosten dafür tragen muss (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), oder ob er den „Joker“ eines sofortigen Anerkenntnisses gegen Kostenantrag ziehen kann (§ 93 ZPO). 

Folgender Fall war zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 28.6.2023 - XII ZB 537/22, NJW 2023, 2781):

Vermieter V kündigt den mit Mieter A bestehenden Mietvertrag zum Betrieb einer Arztpraxis ordentlich und fristgerecht zum 30.9.2022. A reagiert darauf nicht. Weil V eine Anschlussvermietung plant, fordert er A mit anwaltlichen Schreiben vom 28.4.2022 zur Bestätigung der Kündigung auf und setzt dafür eine Frist bis zum 12.5.2022. Wieder reagiert A nicht, worauf hin ein zweites Anwaltsschreiben vom 27. 5. 2022 zur Bestätigung einer fristgerechten Räumung bis spätestens zum 10.6.2022 auffordert. A rührt sich wiederum nicht, V klagt im Juli 2022 auf zukünftige Räumung. LG und OLG gaben Vermieter V die Kosten auf. Der BGH hatte innerhalb einer zulässig eingelegten Rechtsbeschwerde gegen die vorinstanzlichen erlassenen Kostenbeschlüsse zu entscheiden, ob in der unterlassenen Bestätigung der Kündigung ein klagebegründendes Vorverhalten durch A liegt.

Einig mit der Vorinstanz (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.12.2022 - I-24 W 39/22, WuM 2023, 50 ff) ist sich der BGH darin, dass ein Gewerbemieter nur dann Anlass zur Klageerhebung gibt wenn er aktiv ein Verhalten an den Tag legt, dass aus Sicht eines objektiven, vernünftigen Betrachters an seiner Erfüllungsbereitschaft (hier pünktliche Räumung der angemieteten Praxisräume) zweifeln lässt. Diese Ableitung ist Einzelfalfrage; eine allgemeine Beurteilung verbietet sich (BGH, Beschluss vom 28.6.2023 - XII ZB 537/22, Rn. 11 nach juris; st. Rspr. BGH, Beschluss vom 20.9.2022 - XI ZB 4/22, WuM 2022, 2147 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen; ebenso: Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 15. Aufl. 2022, § 546 BGB Rn. 128; Staudinger/Rolfs, BGB (Bearbeitung 2021), § 546 BGB Rn. 56 zu § 259 ZPO; BeckOGK/Zehelein - Stand 1. April 2023 - , § 546 BGB Rn. 202.

Der beklagte Mieter A habe zwar die außergerichtlich geforderten Bestätigungen nicht abgegeben, aber vor Fälligkeit des Räumungsanspruchs am 30.9.2022 innerhalb seiner Verteidigungsanzeige gegen die anhängig gemachte Klage auf künftige Räumung im August 2022 den Klageanspruch sofort anerkannt und Kostenantrag nach § 93 ZPO gestellt. Die unterbliebene Reaktion auf die außergerichtlich geforderten Bestätigungen ändere daran nichts. Denn vor Fälligkeit des Räumungsanspruchs sei der Räumungsschuldner nicht verpflichtet, zur Vermeidung eigener Kostennachteile seine Leistungsbereitschaft zu erklären (Rn. 13 ff mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und zur Literatur). Dies gelte auch im Gewerberaummietrecht.

Pünktliche Räumungsbereitschaft

Der BGH verwirft damit die in Rechtsprechung und Literatur auch vertretene Gegenauffassung, die in diesen Fällen einer erklärten Kündigung des Mietverhältnisses und eines damit vordefinierten Vertragsendes auf Aufforderung des Vermieters eine Erklärung der pünktlichen Räumungsbereitschaft fordert (so: OLG Nürnberg, MietRB 2004, 203; OLG Stuttgart, WuM 1999, 414; Henssler, NJW 1989, 138, 142; Guhling/Günter/Geldmacher, Gewerberaummiete, 2. Aufl., 16. Teil, Kapitel 3, Rn. 27; Lützenkirchen, in: Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 546 BGB Rn. 24 a und b mit weiteren Nachweisen zu § 259 ZPO) und bei unterlassener Erklärung ein klagebegründendes Vorverhalten sieht. Diese Auffassung stützt sich darauf, es liege im berechtigten Interesse des Vermieters, frühzeitig zu erfahren, ob die Mieträume sofort nach Ende der Mietzeit für eine Weitervermietung oder für Bau- oder Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung stünden.

Insgesamt betont der BGH die Funktion des § 93 ZPO als Korrektiv der in § 257 ZPO ermöglichten Klage auf zukünftige Räumung außerhalb der Wohnraummiete: Die gesetzlich eingeräumte frühzeitige Möglichkeit zur gerichtlichen Durchsetzung des erst künftig fällig werdenden Räumungsanspruchs bestehe, aber zu dem Kostenrisiko eines sofort erklärten Anerkenntnisses der Gegenseite; grundsätzlich könne der beklagte Mieter dann den Antrag stellen, dem Vermieter die Kosten aufzuerlegen. Solle dieses Kostenrisiko eliminiert werden, so seien weitere konkrete Anhaltspunkte dafür notwendig, dass dem Räumungsanspruch nicht fristgerecht Genüge getan werde (ebenso: BGH, Beschluss vom 20.9.2022 - IX ZB 4/22, WM 2022, 2147 Rn. 27. Ein bloßes Schweigen des Mieters reiche für diese Annahme nicht.

Nachzutragen ist:

Die im Ergebnis und Begründung überzeugende Entscheidung ist auch unabhängig vom Verfahrensrecht (materiell-rechtlich) veranlasst. Wenn die Kündigung eines Mietvertrags vom Vermieter gegenüber einem nicht persönlich anwesenden Mieter als Vertragspartner schriftlich erklärt wird, wird sie als Willenserklärung unter Abwesenden mit dem Zugang beim Vertragspartner wirksam (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB), ohne dass sie bestätigt werden muss. Denn es handelt sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht.

Kombination mit einer „Schriftsatzkündigung“

Wer besonders Druck machen will prüft, ob schon die Kündigung des Mietverhältnisses mit einer sofortigen Räumungsklage kombiniert werden kann (Schriftsatzkündigung). Dabei kann sowohl in einem Wohnungsmietverhältnis als auch im Fall eines Gewerberaummietvertrags zunächst eine fristlose Kündigung mit der eingelegten Räumungsklage sofort verbunden werden.

Schriftform

Vor Einführung des § 130 e ZPO war eine solche Schriftsatzkündigung in der Wohnungsmiete nur möglich, wenn Sie die Schriftform, bzw. die ihr gleichgestellte elektronische Form wahrte (§ 568 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 126 Abs. 1, 126 a Abs. 1 BGB). Das setzte voraus, dass sie auch mit einer Unterschrift ersetzen qualifizierten elektronischen Signatur beim Kündigungsadressaten ankam. Innerhalb der aufgegebenen aktiven Nutzerpflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA; § 130d Satz 1 ZPO) gegenüber Gerichten kann das nicht eingehalten werden. Denn hier wird nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gearbeitet. Per beA erklärte Schriftsatz Kündigungen waren damit bereits formell unwirksam, soweit dort Schriftform wie für Wohnraumkündigungen nach § 568 Abs. 1 BGB verlangt wurde (so ausdrücklich: BGH, Urteil vom 27.11.2024 - VIII ZR 155/23, IMR 2025, 50; BGH, Urteil vom 27.11.2024 - VIII ZR 159/23, IMR 2025, 51; zur notwendigen qualifizierten elektronischen Signatur als Äquivalent einer Schriftform: OLG Hamm, Beschluss vom 29.6.2023 - 4 UP 154/22, IMR 2023, 425 - einfache Signatur nicht ausreichend; vgl. zur Schriftsatzkündigung im Zeitalter der gebotenen elektronischen Kommunikation zwischen Anwalt und Gericht – beA: Hartmann, Schriftsatzkündigung ade? Zur Unwirksamkeit der mietrechtlichen Kündigung im gerichtlichen elektronischen Rechtsverkehr, IMR 2023, 389 ff; Dötsch, Das beA und materiell-rechtliche Schriftformerfordernisse - Augen auf im Räumungsprozess!, MietRB 2018, 31; Ehrmann/Streyl, Praxis des elektronischen Rechtsverkehrs und Formwahrung bei der Mietvertragskündigung - im Fokus: Der beA-Weg, NZM 2019, 873, 876; Hinz, Die Kündigung des Mietverhältnisses im elektronischen Rechtsverkehr, MDR 2022, 1383, 1386 Rn. 20; Siegmund, MietRB 2023, 322; LG Itzehoe, MietRB 2023, 124 AG Offenbach, Urteil vom 7.12.2023 - 350 C 155/23, juris mit Anmerkung von Börstinghaus; LG Bonn, Urteil vom 29.6.2023 - 6 S 97/22, IMR 2024, 189; LG Berlin, Beschluss vom 16.11.2022 - 64 S 160/22, IMR 2023, 399; AG Hamburg, Urteil vom 25.2.2022 - 48 C 304/21, IMR 2022, 230).

Um schriftformbedürftige Schriftsatzkündigungen als Bestandteil der Klageschrift überhaupt noch möglich zu machen, musste deswegen mit „Hilfskrücken“ gearbeitet werden. Der mit Wirkung zum 17.7.2024 durch das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz vom 12.7.2024, (BGBl. Teil 1/2024 vom 16.7.2024 Nr. 234; dazu: Fleindl, Kündigungen im beA-Zeitalter: Besonderheiten der Mietvertragskündigung in elektronischer Form, NZM 2024, 65 ff) eingeführte § 130 e ZPO) sollte diesen Zustand „reparieren“ und die Schriftsatzkündigung als Teil der Klageschrift auch im beA Zeitalter wieder formell bedenkenfrei machen.

Ein Bedürfnis dafür zeigt die Rechtspraxis durchaus: Denn in dem Moment des Zugangs einer fristlosen Kündigung ist das Vertragsverhältnis rechtlich beendet, der Räumungsanspruch bereits fällig. Ebenso kann dies je nach Länge der Kündigungsfrist und erwarteter Verfahrensdauer auch bei hilfsweise und gemeinsam mit fristlosen Kündigungen fristgemäß erklärten Kündigungen funktionieren. Denn das Vertragsverhältnis muss nicht im Zeitpunkt der Klageeinreichung, sondern im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als Grundlage der Urteilsfindung rechtlich beendet sein. Ergo: durch die dann bereits mögliche Klage spart man zusätzlich Zeit und mindert das eigene Forderungsbeitreibungsrisiko.

Gewerbemiete

Das Schriftformproblem stellt sich nicht bei der Gewerberaummiete: Denn hier ist eine Schriftform der Kündigung nicht gesetzlich vorgeschrieben (Streyl, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 15. Aufl. 2022, § 568 Rn. 4 und § 542 Rn. 37); § 568 BGB gilt nur in der Wohnraummiete. Zu Beweiszwecken wird für die Kündigung zwar auch Schriftform angeordnet, doch handelt es sich hier um eine gewillkürte Schriftform, deren unterlassene Beachtung über § 127 Abs. 2 und 3 BGB heilbar ist (dazu OLG Hamm, Urteil vom 24.9.2015 – 27 W 104/15, juris; hinweisend: BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 – XII ZR 214/00, juris, dort auch zur Reichweite einer vereinbarten Zugangsart als Schriftform zu Beweiszwecken - Zugang per Telefax). Insbesondere funktioniert hier deshalb auch die Zustellung einer beglaubigten Abschrift „von Anwalt zu Anwalt“.

Notariell beurkundete Zwangsvollstreckungsunterwerfungsklausel als Klageersatz?

Ein bestechender Gedanke: Mit einer solchen Urkunde könnte man einen Räumungsprozess (Erkenntnisverfahren) mit hohem Zeit- und Geldvorteil gleich einsparen, auf ihrer Grundlage (vollstreckbare Ausfertigung) die Zwangsvollstreckung beauftragen, und den Gerichtsvollzieher mit dem Räumungsauftrag losschicken. Eine solche Klausel, als vollstreckbare Ausfertigung erteilt, würde ein Klageverfahren also ersparen und sofort zur Zwangsvollstreckung befähigen. Aber: Das geht nur bei Gewerberaummietverhältnissen. Im Unterschied zum Gewerberaummietrecht kann sich der Mieter in der Wohnungsmiete nicht durch eine notarielle Zwangsvollstreckungsunterwerfungsklausel zur Räumung verpflichten (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Anders als in der Gewerbemiete ist also dort der Gang zum Gericht immer notwendig, wenn die Räumung und Herausgabe der Mietsache streitig sind.

Weitere „beschleunigende“ Möglichkeiten in der Wohnungsmiete

Verkürzte Fristen

Nur die zeitlich an einen Räumungstitel anknüpfenden gerichtlich gewährten Räumungsfristen (§§ 721, 794 a, 765 ZPO) können auf Antrag abgekürzt werden, wenn der Mieter als Räumungsschuldner während der laufenden Frist ein erhebliches Fehlverhalten zum Beispiel in Form von Gewaltausbrüchen zeigt (AG Berlin-Kreuzberg, Beschluss vom 14.11.2022 - 18 C 56/22, juris mit Anmerkung von Flatow, jurisPR-MietR 7/2023 Anm. 4). Auch andere zeitlich vorgreifende Rechtsschutzmöglichkeiten sind im Wohnungsmietrecht möglich, so zum Beispiel die Inklusion zukünftig fällig werdender Mieten in den Antrag einer Zahlungsklage (§ 258 ZPO) und auch die Klage auf zukünftige Leistung noch nicht fälliger Mieten bei Besorgnis der nicht rechtzeitigen Entrichtung bei Fälligkeit (§ 259 ZPO).

Zeitlich abhängige Leistungen

§ 259 ZPO greift bei wiederkehrenden Leistungen ein, deren Fälligkeit nur vom Zeitablauf abhängt (zu der Frage, ob ein Anspruch auf künftige Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB im Wege des § 258 ZPO geltend gemacht werden kann vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2002 – VIII ZB 66/02; NZM 2003, 231 = NJW 2003, 1395 = ZMR 2003, 333). Erfasst sind die Fälle, in denen der Mieter die Pflicht zur Zahlung der Miete oder Nutzungsentschädigung ernsthaft bestreitet, aber auch Gestaltungen, in denen aus sonstigen Gründen zu erwarten ist, der Mieter werde nicht zahlen (BGH, Beschl. v. 20.11.2002 - VIII ZB 66/02, a.a.O; BGH, Urteil vom 04.05.2011 – VIII ZR 146/10; ZMR 2011, 709 = NJW 2011, 2886 = NZM 2011, 882). Für diese Erwartung genügt schon ein über einen längeren Zeitraum bestehender, die Bruttomiete mehrfach übersteigender Rückstand des Mieters (BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 146/10, a.a.O.); Dabei kann der Rückstand auf Zahlungsunfähigkeit beruhen; er muss es aber nicht (So BGH, Beschl. v. 20.11.2002 - VIII ZB 66/02, a.a.O.). Schließlich genügt eine Einzelforderung.

Klageerweiterung

Entsprechendes gilt auch für Klagerweiterungen. Die Erweiterung auf während des Rechtsstreits fällig gewordene Ansprüche auf Miete oder Nutzungsentschädigung genügt dagegen nicht. Dann ist auf eine normale Leistungsklage überzuleiten. Denn der Übergang von Klagen nach den §§ 257 ff. ZPO auf eine normale Leistungsklage wegen der im Verlauf des Prozesses fällig gewordenen Ansprüche hindert nicht.

Zwangsvollstreckung

Schließlich kann auch in der Wohnungsmiete eine notarielle Zwangsvollstreckungsunterwerfungsklausel, gerichtet auf Mietzahlung, vereinbart werden, als sofortige Vollstreckungsgrundlage dienen und Zahlungsklagen damit überflüssig machen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2017 - VIII ZR 76/16, juris).

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen